Tag: Stadtratsfraktion Görlitz

Die große Show war perfekt. Nun muss die große Illusion über eine abgestimmte Vision „Stadt der Zukunft 2030“ in die Realität verwandelt werden.

Zum am 16.01.2020 stattgefundenen Neujahrempfang der Stadt Görlitz in der neu gebauten Turnhalle Hugo-Keller-Straße und den dort präsentierten Projekten erklärt DIE LINKE. Görlitz
Ein gut gewählter Ort und eine Methode die zwar nicht neu, aber immer noch wirksam ist: Wenn die Herausforderungen der Gegenwart schier unüberwindlich scheinen, dann zeichne ich die Zukunft in den leuchtenden Farben und vertraue darauf, dass der Wunsch, es möge besser werden, immer den Blick für die Realität verstellt. Es ist richtig und wichtig, dass der Oberbürgermeister eine Zukunft für Görlitz beschreibt. Zu seinem Glück gab es auch drei Projekte, welche es wert waren, Zukunftsprojekte genannt zu werden, nur kommen sie alle samt nicht aus der Feder der Stadt oder ihrer Unternehmen. Die emissionsfreie Strom- und Wärmeversorgung der gesamten Europastadt, die Ankündigung einer Megaproduktion in der Filmstadt Görlitz und der Ausbau des SIEMENS Standortes sind ein Glücksfall für Görlitz. Diese Vorhaben bedürfen auch in vollem Maße der Unterstützung der Verwaltung und der politischen Akteur*innen.
Die Stahlkraft dieser Projekte reicht aber nicht aus, um die Fantasielosigkeit der kommunalen Projekte lange zu überblenden. Die Projekte Ausbildung am Klinikum, Anschaffung neuer Straßenbahnen, Schaffung von Parkraum in der Innenstadt und Bau einer Autobrücke über die Neiße – sie alle sind entweder schon am Entstehen oder im Gespräch – und wären in absehbarer Zukunft auf die ein oder andere Machart sowieso entstanden.
Straßenbahnen, die sowieso kommen müssen und nun umweltfreundlich, innovativ und modern sein sollen – ja was sonst!? Der Ausbau der Ausbildung von Pflegepersonal – eine Zielstellung, die bereits der Kreistag mit dem Ausbildungsverbund in welchem das Klinikum eingebunden ist, beabsichtigte. Eine Tiefgarage unter dem Wilhelmsplatz, welche aus der Mottenkiste der 90iger ausgegraben worden ist und nach oberer Berliner Straße und Postplatz erneut auf die autofreundliche Stadt und nicht auf ein modernes Verkehrskonzept setzt. Eine Brücke, die dringend notwendig wäre, aber eben in keinem Fall im Rathaus Görlitz beschlossen werden kann, weil die Neiße eben nicht nur ein Fluss, sondern eine Staatsgrenze ist. Der schon fast halbherzige Dank an die vielen ehrenamtlichen Menschen, welche dann auch nur zum Teil benannt wurden, offenbart das Dilemma: Die Stadt hat unglaublich Potenzial, hat Partnerinnen und Partner, die mit ihr Zukunft schreiben wollen, und so einen unschätzbaren Vorteil gegenüber so vielen Orten im Strukturwandelgebiet – allein die Verwaltung bleibt weiter im Verwalten und Althergebrachten hängen.
Mirko Schultze dazu: „Dass der Oberbürgermeister die Herausforderungen des Jahres 2020 nicht benennt, war bei der Themensetzung zu erwarten, dass aber nur die Stadtwerke, eine Filmproduktion und Siemens dem Anspruch Zukunftsstadt gerecht werden, hat mich enttäuscht. Wo waren die Visionen wie Görlitz 2030 aussehen soll, wie wir leben werden, wie sich die Stadtteile, die Innenstadt, die Kultur, der Tourismus entwickeln sollen und was Stadtrat und Verwaltung dafür für Rahmenbedingungen setzten müssen. Die Stadt des 21. Jahrhunderts ist keine Autostadt mehr und sie braucht mehr die Menschen in ihr nicht mehr Regenerationsmasse für den kommenden Arbeitstag. Die Stadt der 21. Jahrhunderts ist eine Stadt als Lebens- und Wirkungsraum. Eine Stadt die von ihren Bürgern*innen gestaltet wird und die vielschichtig aufgestellt ist. Insoweit irrt sich der OBM, wenn er glaubt Brücken und Tiefgaragen wären visionäre Stadtpolitik. Nach wenigen Wochen wird deutlich werden, es waren in Geschenke eingepackte Standartlösungen ohne wirkliche Strahlkraft. Die Illusion war perfekt und dank Siemens, Film und Stadtwerke dennoch ein zuversichtlicher Abend.“
Jana Lübeck dazu: „Die vorgestellten Projekte zeigen, dass der OB und auch der CDU Ministerpräsident auf Nummer sicher gehen wollen, um möglichst wenig Risiko einzugehen und vor allem fantasielose Vorschläge zu liefern, die sich als leicht vorstellbar und umsetzbar darstellen lassen. Dabei gibt es hier und jetzt Herausforderungen zu lösen, die das Mitwirken der Stadtgesellschaft voraussetzen, die, wenn wir sie nicht heute angehen, die Zukunft düster aussehen lassen. Dafür braucht es Mut – sich den Gedanken und Vorschlägen der Görlitzer*innen zu stellen. Mir fehlten vor allem innovative Vorschläge zur Stadtentwicklung im Bereich Soziales und Kultur. Görlitz ist reich an sozialen und kulturellen Einrichtungen, die Stadt lebt von Vielfalt und Begegnung auf kurzen Wegen und im öffentlichen Raum. Doch dies ist nicht selbstverständlich unter heutigen politischen Bedingungen. Es gilt den rechten und nationalistischen Bestrebungen etwas entgegenzustellen. Der Erhalt und die Sanierung des Theaters – für mich in 2030 abgeschlossen und die Arbeits- sowie vor allem Ausbildungsplätze des GHT gesichert! Das soziokulturelle Zentrum als florierender Ort für Begegnung zwischen allen Generationen mit fertig sanierten Hallen auf dem gesamten Gelände, die als Kreativquartier und Veranstaltungsorte als Teil dessen sind, was SIEMENS Innovation Campus nennt. Görlitz als Stadt für Ausbildung mit einer trinationalen Hochschule ist Zentrum in der Dreiländerregion und verbindet sich mit Zittau durch eine Stadtbahn. Sanierte und modernisierte Schulen und Kitas, die es ermöglichen inklusiv und barrierefrei Kinder betreuen und lernen zu lassen. Eine Straßenbahn von Kodersdorf, Klingewald zum Berzdorfer See und bis nach Zgorzelec – all das sind Vorhaben für die „Stadt der Zukunft“ – denn sie haben das Potential der Region und ihrer Menschen im Fokus – nicht nur wirtschaftliche Interessen!“

Kommentare deaktiviert für Die große Show war perfekt. Nun muss die große Illusion über eine abgestimmte Vision „Stadt der Zukunft 2030“ in die Realität verwandelt werden. more...

Wer Jugendbeteiligung will muss auch Jugendliche beteiligen – endlich den Aufbruch wagen!

Zu der Debatte um eine Jugendbeteiligung in der Stadt Görlitz und der Vertagung einer Grundsatzentscheidung durch die CDU und AfD Fraktionen erklärt die Stadträtin und Vorsitzende des Jugendringes Oberlausitz, Jana Lübeck:
Enttäuscht musste ich in der letzten Stadtratssitzung am 28.11.2019 zur Kenntnis nehmen, dass sich die Machtverhältnisse im Stadtrat nicht auf Erneuerung sondern auf Erhalt und Konservierung geformt haben. Der von der Bündnisfraktion eingereichte Antrag für die Konzeption eines Jugendparlaments ist ein richtiger Anfang und es ist schade, dass die CDU nicht über ihre Engstirnigkeit bei diesem Thema springen konnte. Dies ist um so ärgerlicher, da die Bündnisfraktion, offensichtlich um einen mit der bei diesem Thema rückwärtsgewandten CDU kompatiblen Antrag einzureichen, auf fast alle fachlichen Zielbeschreibungen und einen Handlungsrahmen verzichtet hat. Mit der Kürzung des Antrages auf letztlich eine Willensbekundung sollte die letzte Brücke gebaut werden, um eine Zustimmung der CDU zu ermöglichen. Dass die CDU nicht über diese Brücke gegangen ist zeigt einmal mehr, die CDU ist nur bei ihren Themen verlässlich. Eine Kooperation mit der AfD ist für sie eher der Normalzustand. Eine Stadtentwicklung hin zu einer modernen Europastadt, in der alle Generationen mitgestalten ist so nicht zu machen.
Für uns sind die Voraussetzungen für eine echte Beteiligung von Kindern und Jugendlichen:
– eine demokratische Mitbestimmung, die nicht auf Bekanntschaft von Kommunalpolitikern beruht, sondern auf einem demokratischen Teilhabeprozess,
– echte Mitgestaltung, das heißt zumindest ein Frage- und Antragrecht im Stadtrat, den Ortschafts- und Bürgerräten und den Ausschüssen explizit für junge Menschen,
– Beteiligung von 0 bis 27 Jahren (Altersspanne Kinder und Jugendliche laut SGBVIII) und nicht frei erfundene Alterskorridore nach Vorstellung derer, die beraten werden sollen,
– altersgerechte Mitbestimmungsformate,
– eine finanzielle Mindestausstattung, um eigene Entscheidungen auch möglich zu machen.
Wir können uns ein Jugendparlament vorstellen in welchem 1/3 über die Schulen sowie die Hochschule gewählt, 1/3 durch Vereine aus dem Bereich Jugendarbeit/(interkulturelle; auch ehrenamtliche) Kultur- und Jugendarbeit/Sport und 1/3 durch politische Jugendvertretungen benannt werden. Es geht darum, auch im Bereich der Jugendbeteiligung, nicht Zufall oder zufällige Verwandtschaft oder Bekanntschaft zur Grundlage zu machen, sondern einen demokratisch legitimierten Spiegel der Generation unter 18 Jahren (Wahlaltergrenze) sowie junger Menschen bis 27 Jahren in die Entscheidungsprozesse der Stadt einzubinden.
Wir als LINKE sind bereit uns in den Prozess konstruktiv einzubringen, stellen aber auch klar, eine Alibi-Veranstaltung, die alleinige Selbstbefriedigung von Fraktionen zum Zweck hat, ist mit uns nicht zu machen. Wir wollen eine echte Beteiligung von Kindern- und Jugendlichen und keine Selbstbestätigung von Entscheidungen, welche wir, die Stadträte, über die Jugendlichen getroffen haben.

Kommentare deaktiviert für Wer Jugendbeteiligung will muss auch Jugendliche beteiligen – endlich den Aufbruch wagen! more...

Copyright © 1996-2016 Mirko Schultze. All rights reserved.
iDream theme by Templates Next | Powered by WordPress