Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Sehr geehrter Herr Landrat,

Mit dem heute vorliegenden Haushalt halten wir den Papier gewordenen Beweis in der Hand, dass Kommunalpolitik nicht unabhängig von Landes- und Bundespolitik ist.
Der heutige Haushalt, wie auch das Haushaltssicherungskonzept, sind Beweis dafür was passiert, wenn sich eine CDU/FDP Regierung auf Kosten der Kommunen saniert, wie in Sachsen, oder um positive Presse bettelt, wie in Berlin.

Der Haushalt 2010 ist ausgeglichen – auch wenn dazu eine erneute Kreditaufnahme in Höhe von 7 Millionen Euro notwendig war. Außerdem wird die Kredittilgung gegenüber 2009 um ca. 1 Million Euro verringert.

Zugegeben, da ist unserem Kreis mehr gelungen als beispielsweise in Nordwestsachsen, wo bereits in diesem Jahr ein Finanzloch von 25 Millionen Euro klafft. Gerade angesichts solcher Vergleiche aus anderen Landkreisen könnte man also durchaus zufrieden sein.

Aber Zufriedenheit in Bezug auf den konkreten Haushalt 2010 schließt eben auch die unkritische Hinnahme von scheinbar unveränderlichen Rahmenbedingungen ein.
Rahmenbedingungen, die von Bund und Land seit Jahren auf Kosten der Kommunen gesetzt werden, und die durch jeden neuen, zurecht gekürzten kommunalen Haushalt weiter zementiert werden.

An dieser Stelle, werte Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, setzt spätestens Ihre Verantwortung ein. Sie sind es, die Ihren Parteikollegen in Dresden und Berlin klarmachen müssen, dass die Politik der leeren Kassen vor Ort an den Lebensbedingungen der Menschen direkt angreift. Wenn in Berlin und Dresden weiterhin gegen die Kommunen gearbeitet wird, getreu dem Motto: „da muss ich es nicht verantworten – und wichtig ist die gute Schlagzeile“ dann werden wir nicht nur Politikverdrossenheit erleben, dann werden wir eine Abkehr von Politik erleben, die letztlich denen in die Hände spielt, die mit dumpfen Parolen von gestern ihr menschenverachtendes Weltbild viel zu oft propagieren.

Nun liegt es aber nicht nur in der Verantwortung der Parteimitglieder von CDU und FDP, sondern auch der Landkreis trägt hier eine besondere Verantwortung. Haben die Landkreise noch vor Monaten getönt, sie werden Widerstand leisten, ist die kommunale Familie schnell zerbrochen. Lassen Sie mich hier wenige Beispiele nur kurz benennen: Zum Einen wäre da die Ankündigung, die Kreisumlage nicht über 30% zu erhöhen – fehlgeschlagen, mindestens zwei Kreise ignorierten die Abmachung, zum Anderen wäre da der 2009 gebildete Versorgungsfonds. Hier entzieht der Freistaat den Kommunen bis 2011 370 Millionen Euro und wird diese mit Sicherheit als besondere Leistung 2011 auf seine Fahne schreiben.

Es gibt aber auch noch weitere Punkte wie Land und Bund in die Taschen der Kommunen greifen, z.B.:
Kosten der Unterkunft und Heizung – wird voraussichtlich zulasten der Kommunen geändert –
die Kürzungen im Jugendhilfebereich mit verheerenden Folgen für die präventive Jugendarbeit.

Der heute vorliegende Haushalt wird hier besonders absurd. Die Landesregierung schreibt in Pressemitteilungen, die Kürzung im Jugendhilfebereich ist mit den Betroffenen abgesprochen und die Landkreise sind informiert, eine Widerspieglung im Haushalt ist aber nicht zu finden. Wie sollen die zahlreichen Projekte, welche in ihrer Existenz gefährdet sind, dieses Signal verstehen? Kürzungen im Bereich der Förderung des Ehrenamtes, der Prävention oder der Alten- und Behindertenpflege sind schon angekündigt und spätestens auf der Regierungsklausur im März werden Beschlüsse fallen, die den gesamten Haushalt unseres Landkreises infrage stellen werden.
Herr Landrat, ich frage Sie konkret: Ist es nicht Zeit für wirklichen Widerstand und nicht für Absichtserklärungen und Verweise auf die nächsten Jahre? Beweisen Sie uns, dass Sie zuerst Landrat und dann Parteipolitiker sind.
Aus anderen Bundesländern erreichten uns in den letzten Wochen Resolutionen von Landkreisen, welche auf die Lage der Kommunen aufmerksam machen und dabei sind die Autoren aus allen demokratischen Parteien. Aus Sachsen bzw. von den sächsischen Landkreisen hört man dagegen nichts.

Selbstverständlich liegen uns – der Linksfraktion – die Sozialausgaben am schwersten im Magen. Bei der Sozialhilfe, bei der Hilfe zur Pflege oder bei den Kosten für Unterkunft und Heizung wird beispielsweise gespart. Natürlich: In dem Bereich liegen unsere größten Ausgabeposten. Nach haushalterischer Logik sind demzufolge in diesem Bereich die größten Einsparpotentiale darstellbar. Das allerdings ist ein risikoreiches Unterfangen für den Kreis, denn auf die meisten Sozialleistungen besteht ein Rechtsanspruch der Betroffenen und es ist kaum vorstellbar, dass die demografische Entwicklung allein innerhalb so kurzer Zeit diese Mittelkürzungen rechtfertigt.
Dieser Logik setzten wir eine andere Haushaltspolitik entgegen. Wir wollen die in soziale Gerechtigkeit investieren und die Menschen, welche schon durch Arbeitslosigkeit, Niedriglohnsektor oder die Milliardengeschenke an Lobbygruppen schwer belastet sind, entlasten. Unsere Fraktion wird dahingehende Änderungsanträge heute einreichen.
Es geht uns aber auch darum, Prävention zu fördern und gefährlichen antidemokratischen Tendenzen frühzeitig zu begegnen. Unsere Fraktion legt Ihnen heute einen Antrag zur Schaffung einer externen Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt vor und reagiert damit auf die in unserem Landkreis – nach Auskunft der CDU/FDP Staatsregierung steigenden Zahlen in diesem Bereich. Bevor jetzt einer der geschätzen Kollegen wieder den bedingten Reflex bekommt und Linke Gewalt rufen möchte – sehen Sie in die Statistiken von Verfassungsschutz und Staatsregierung oder die heutige Sächsische Zeitung und Sie werden sehen, dass Fallzahlen aus diesem Gebiet eine externe Beratungsstelle auf keinen Fall rechtfertigen.
Lassen Sie mich noch einmal zusammenfassen, warum die Fraktion der LINKEN weder dem Haushalt noch dem Haushaltsicherungskonzept zustimmen kann:
1.bereits jetzt sind Risiken aus Entscheidungen im Bund und Land absehbar wie die Senkung der KdU oder die Kürzungen der Landeszuschüsse im Sozial- und besonders Jugendhilfebereich. Der HH ist also bereits heute Makulatur.
2.der HH operiert mit fiktiven Einnahmen – wie der noch nicht beschlossenen Ausschüttung der Sparkasse
3.der Haushalt beinhaltet Belastungen für den Teil der Gesellschaft, der es schon am schwersten hat. Beispielhaft stehen hier die faktischen Kürzungen im Bereich KdU bzw. bei Sozialleistungen
4.Auch dieser HH belastet aus unserer Sicht nach wie vor ungerechtfertigt Eltern durch Schülerbeförderungskosten
5.der Haushalt nutzt die wenigen Spielräume kommunaler Selbstgestaltung nicht aus wie zum Beispiel bei der Präventionsarbeit.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Die Taktik 2010 – wir werden schon irgendwie durchkommen und einen Haushalt beschließen der zumindest zum Schein ausgeglichen ist – geht nicht mehr auf, bereits angekündigte Kürzungen aus Dresden bzw. zu erwartende Beschlüsse der Landesregierung im März lassen diesen Haushalt zu Makulatur werden, sobald er beschlossen ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich kann Sie nur bitten, den Änderungsanträgen unserer Fraktion zuzustimmen und, das wäre noch besser, den Haushalt zurückzuweisen und deutlich zu machen, dass wir nicht bereit sind, Politik auf Kosten unserer Bürgerinnen und Bürger zu machen. Setzen Sie dieses Signal nach Dresden und stellen Sie sich hinter die Menschen im Landkreis.