HaushaltsstrukturkonzeptSehr geehrter Herr Landrat,
Sehr geehrter Kolleginnen und Kollegen,

da gab es wohl nach der letzten Kreistagssitzung die Hoffnung, es käme noch einmal grundsätzlich zu einer Debatte über den Haushalt bzw. das Haushaltsstrukturkonzept. Offen gestanden, ich habe das nicht geglaubt, aber ich bewundere durchaus die Kolleginnen und Kollegen, die immer wieder an die Kooperation, das Entgegenkommen oder die Einsicht der Landkreisverwaltung glauben und so [sie nicht mit Mandat der Staatspartei ausgestattet sind] glauben, der Landrat würde auch nur eine Sekunde daran denken, ihnen Recht zu geben. Ein Entgegenkommen auf Vorschläge werden wir nur sehen, wenn die Position innerhalb des Machtapparates in Sachsen geschwächt werden, wenn also die Staatsregierung sich nicht darauf verlassen kann, dass an der Basis schon alles mit Brot und Spielen ruhig gehalten wird, wenn die Fehlentscheidungen bei der Finanzausstattung sichtbar werden und sie auf die handelnde Partei zurückfällt, wenn also die CDU im Kreis genauso verantwortlich gemacht wird, wie die CDU im Land.

Viele tun hier ja gern mal so, als ob es sich um zwei unabhängige Parteien handeln würde. Das ist es nicht!

Seit dem letzten Kreistag hat es weder eine inhaltliche Debatte gegeben, noch hat die Verwaltung einen neuen Vorschlag vorgelegt bzw. die Änderungsanträge ernsthaft geprüft. Man hat einfach alles gelassen, wie es ist und darauf vertraut, man hat ja die Mehrheit in den Ausschüssen. Beteiligung des Kreistages sieht anders aus. Und so ist es dann ja auch gekommen, bis auf den Antrag zur Unterstützung von Kommunen bei der Katzenkastration wurden alle Anträge abgelehnt oder so abgeschwächt, dass ihre Wirkung kaum direkte Auswirkungen haben wird. Beim Antrag der CDU, welcher uns heute ja als Ergänzungsantrag vorliegt, ist es sogar so, der Landrat hat gesagt was er glaubt, was in dem Antrag steht und was vielleicht sogar so gewollt war, nur der Text, der erfüllt diesen Anspruch in keiner Weise. Die Erfahrung im Hauptausschuss war da anders.

Der „Konsolidierungsbedarf“ in den kommenden 4 Jahren wird mit durchschnittlich 6.5 Mill. € angegeben. Das sind fast 2,6% des Haushaltsvolumens und 6.7% der Sozilausgaben. Mehr als 47% des Kreishaushaltes (3/4 der Sozilausgaben) werden aus der Kreisumlage finanziert. Gut 37% des Haushalts werden mit Zuweisungen finanziert. Will man also das Eine nicht, die Erhöhung der Kreisumlage, die faktische Abwälzung des Problems der Mehrbelastung auf die Kommunen. Will man also nicht, dass dort, wo die Menschen leben, wo ihre Vereine sind, wo sie Kultur genießen, Sport treiben oder auf den Bus angewiesen sind, weiter gekürzt wird, muss man an die Zuweisungen, muss man die Mittel vom Freistaat erhöhen.
Und glauben Sie mir, die Mittel sind da, alleine aus den nicht geplanten Mehreinnahmen 2014/15, welche nicht in das Finanzausgleichsgesetz fließen und damit letztlich den Kommunen anteilig helfen würden, könnte man die meisten der akuten Probleme lösen.

Ich weiß, es gibt hier Vertreter eines Dritten Weges, der weiteren Kürzung bei den Ausgaben.
Dies tun wir im Übrigen schon so lange, wie wir Kreishaushalte aufstellen und immer heißt es, wir haben alles rausgeholt. Mehr kürzen geht nicht! Wie das geht, wird wohl für immer ein Rätsel sein aber es soll ja auch Waschmittel geben, das wäscht weißer als weiß. Ein Beispiel, welches das Problem deutlich macht, will ich aber aufzeigen. Die Schülerinnenbeförderung: Die Erhöhung der Elternbeiträge zur Schülerbeförderung soll mit 250.000 € einen eher hohen Beitrag unter den vorgeschlagenen Maßnahmen bringen. Das sind knapp 1 € je Einwohner und Jahr und dennoch erheblich weniger als die Planungsunsicherheiten, die dieser Haushalt ohne dem neuen Trick Strukturmittel schon enthält.

Wir belasten also die Eltern, deren Kindern bereits weite Wege fahren müssen. Die Familien auf die wir – manche nennen es ja demografischer Wandel – angewiesen sind, wenn in Zukunft Fachkräfte, ja eigentlich ganz simpel Menschen, hier noch wohnen sollen. Wir belasten diesen Teil unserer Gesellschaft und wissen, ihr Anteil wird durch nicht zu erzielende Sparvorschläge im Haushaltsloch verpuffen. Das ist, lassen Sie es mich deutlich sagen, das ganze Gegenteil von nachhaltiger, lösungsorientierter Kreispolitik.

Nun könnte man ja auf die Idee kommen, da hat der Landrat doch alles richtig gemacht. Er hat eine Summe X, genau 1,5 Mio, deren Berechnung wohl eher an Würfelspiele statt an seriöse Kämmerei erinnern dürfte, eingestellt und sagt: „Das ist unsere Forderung ans Land“. Klingt gut, wäre es auch, wenn es eine Zusage gäbe, wenn ein Bescheid vorläge, ja selbst wenn so etwas Ähnliches wie ein Umdenken in Dresden überhaupt spürbar wäre und die CDU Staatsregierung glaubhaft signalisieren würde, sie sei dazu bereit bzw. sie wäre bereit über eine Verschiebung im Finanzausgleichsgesetz nachzudenken.

Dies ist aber alles nicht der Fall und darum wird folgendes passieren:
In Dresden und bei der Staatspartei klingen heute die Sektgläser – die Offenlegung der politischen Fehlentscheidungen zu Ungunsten der Kommunen noch einmal abgewendet, der Landkreis Görlitz hat ein HSK und einen Nachtragshaushalt. Keinen öffentlichen Aufschrei, keine schlechte Presse, es ist wieder Ruhe im Laden.
In einigen Wochen werden wir dann aber feststellen, oh das Geld aus Dresden kommt nicht oder deutlich weniger, die meisten Maßnahmen greifen nicht, weil man halt [z.B. den Zuschuss zu einer Musikschule nicht auf Null setzen kann]. Einige Maßnahmen werden selbstverständlich funktionieren, die Erhöhung der Elternbeiträge zum Beispiel. Und dann (?) müssen neue Maßnahmen her, die Kreisumlage doch über 35% (?), weil wir doch einsehen müssen, andere Sparziele haben wir leider nicht erreicht, was will man machen. Maßnahmen die jetzt nur als Vorschläge vorlagen und nicht ernst gemeint sein sollten,
* der Ausstieg aus der GHT,
* die Schließung der Erholungsbäder,
* die Reduzierung auf einen Behördenstandort.
Wir werden es sehen, aber immer wird es heißen:
Sie, liebe Kreisräte, haben doch die Konsolidierung beschlossen und es war doch immer klar, wenn die eine Maßnahme nicht greift, muss sie durch andere ersetzt werden.
Deswegen kann es heute nur ein konsequentes NEIN zu HSK und Nachtragshaushalt geben. Auch wenn es dann schwer wird und es werden schwere Zeiten kommen.
Es wird am Ende der richtige Weg sein. Nur wenn es uns nicht gelingt, den Druck so zu erhöhen, dass in Dresden nachhaltig umgedacht und neu gehandelt werden muss. Wenn wir jetzt klein beigeben, wie vor einigen Jahren schon einmal, dann wird sich die Situation ganz sicher nicht nachhaltig verbessern und die Zukunft in einer lebens- und liebenswerten Oberlausitz ein Traum bleiben, der an Staatspartei, Finanzminister und Landesdirektion zerschellt ist.