Am 27.06. fand am Quitzdorfer Stausee in der Nähe von Görlitz das Pressefest der NPD statt. Mit rund 500 Teilnehmern war es nicht das größte dieser Feste, aber es war und ist ein Alarmsignal. Der neue Landkreis Görlitz hat es wie seine Quellkreise versäumt Strukturen aufzubauen, die eine wirkungsvolle Prävention und Reaktion ermöglicht. Hinter den Ausreden „So schlimm ist das bei uns nicht.“ oder „Die kommen nur von Außen.“ versteckten sich verantwortliche Politiker oder versuchten mit dem Verweis auf angeblichen Linksextremismus eine offene Diskussion zu verhindern. Wer aber rechtextreme Strukturen verharmlost – oder schlimmer noch ignoriert – bereitet letztlich den Weg zu ihrer Festigung und legt so die Basis für ihr Erstarken. Veranstaltungsorte wie Gehege bei Rothenburg/OL oder das Gelände am Quitzdorfer Stausee können sich nur dann langfristig etablieren, wenn die demokratischen Kräfte im Landkreis wie das Kaninchen vor der Schlange erstarren anstatt aktiv zu werden.
Eine Lösung wird niemand vollumfänglich bieten können, aber die Einrichtung eines Netzwerkes in dem Landkreisverwaltung, Polizei, Jugendhäuser, Schulen, SozialarbeiterInnen und Sportverbände eingebunden sind und in dem über Auftreten, Strukturen und eventuelle Gegenstrategien beraten wird, wäre der erste Schritt auf einem sicherlich langwierigem Weg hin zu einer aktiven Verteidigung der Demokratie. Ein solches Netzwerk könnte neben anderen Stellen auch die Funktion eines Frühwarnsystems übernehmen, welches schnell und unbürokratisch Informationen liefert. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass Bürgermeister und Gemeinden oft schlicht überfordert sind, wenn in ihren Orten rechtsradikale Aktivitäten anstehen. Nicht jede Gemeinde und nicht jeder Bürgermeister reagierte so schnell wie die Bürgermeisterin von Rothenburg, die auf die Konzertankündigungen in ihrem Ortsteil Gehege damit reagierte, dass sie zum einem Experten um Hilfe fragte und zum anderen alle gesellschaftlichen Gruppen in die Gegenaktivitäten eingebunden hat. Wenn dieses Beispiel aber Schule machen soll, dann muss auch die notwendige Infrastruktur geschaffen werden. Einzelprojekte an scheinbar besonderen Brennpunkten lösen nicht die Herausforderungen des gesamten Landkreises, und sich so wichtig sie auch im Einzelnen sein können, handelt es sich dabei immer nur um temporäre Reaktionen. Der Landkreis muss sich hier also seiner Verantwortung bewusst sein und sich als Koordinator und Initiator einer breiten demokratischen Widerstandskultur gegen rechte Ideologien an die Spitze stellen. Dem Propagandaminister der Nationalsozialisten und Wegbereiter für millionenfachen Völkermord Joseph Goebbels wird folgendes Zitat zugeschrieben: „Das wird immer einer der besten Witze der Demokratie bleiben, dass sie ihren Todfeinden die Mittel selbst stellte, durch die sie vernichtet wurde. Die verfolgten Führer der NSDAP traten als Abgeordnete in den Genuß der Immunität, der Diäten und der Freifahrkarte. Damit waren sie vor dem Angriff der Polizei gesichert u. durften sich mehr zu sagen erlauben als gewöhnliche Staatsbürger, u. ließen sich außerdem die Kosten ihrer Tätigkeit vom Feinde bezahlen.“
Dies sollten wir immer vor Augen haben, wenn wir wieder einmal Sätze wie die folgenden hören „Was sollen wir machen, die NPD ist nicht verboten und in der Demokratie herrscht nun mal Meinungsfreiheit“.