Diskussionsrunde der LandtagskandidatInnen beim DGB

Am 24.08.2009 lud der DGB Ostsachsen die Görlitzer Landtags-Kandidaten zur Podiumsdiskussion. Jeweils zwei Minuten pro Thema hatten Mirko Schultze (DIE LINKE), Stefan Holthaus (SPD), Kristin Schütz (FDP) und Volker Bandmann (CDU) für die Darstellung ihrer Positionen zu so wichtigen Themen wie Wirtschaft, Bildung oder Umwelt. Danach waren Fragen aus dem Publikum zugelassen. Für den plötzlich erkrankten Kandidaten der Bündnis90/Grüne Frank von Woedtke stellte sich die Landtagsabgeordnete Astrid Günther-Schmidt (Grüne) der angeregten Diskussion.

Es war eine intensive Podiumsdiskussion, der sich die Landtagskandidaten aller Parteien auf Einladung des DGB Ostsachsen am 24.08.2009 im Gleis 1 des Görlitzer Bahnhofs stellten. Unter großer Publikumsbeteiligung wurden die Positionen zu so wichtigen Themen wie Wirtschaft, Bildung und Umwelt dargestellt und diskutiert. Das Gespräch begann mit der Frage nach einem handlungsfähigen Staat in Zeiten der massiven Privatisierung öffentlicher Aufgaben und führte über die Haltung zum dreigliedrigen Schulsystem und Braunkohleabbau zu Wirtschaftsförderung und Mindestlohn.

Bei der Haltung zu Privatisierung und Rolle des Staates bei der öffentlichen Daseinsvorsorge wiesen die Positionen der Kandidatin der Grünen, Astrid Günther-Schmidt und der Kandidaten Stefan Holthaus (SPD) und Mirko Schultze (DIE LINKE) viele Gemeinsamkeiten auf. Mirko Schultze bekräftigte die Forderung der LINKEN, nach der öffentliche Daseinsvorsorge ausschließlich Sache der Gemeinschaft und kein Feld für Spekulationen sein sollte. Bereits privatisierte öffentliche Unternehmen sollten rekommunalisiert werden. Die nachteiligen Auswirkungen der Privatisierungen konnte der Kandidat anhand von zahlreichen Beispielen belegen. Volker Bandmann (CDU) behauptete hingegen am Beispiel privater Kliniken, dass nur Wettbewerb zu Investitionen und damit zu Qualitätssteigerung führt. Der Kandidat der CDU scheint die bedenklichen Entwicklungen bei privaten Kliniken, die in letzter Zeit in den Medien immer wieder thematisiert wurden, nicht zu kennen.
Auch beim Thema Bildungssystem fanden sich einige Gemeinsamkeiten bei den Bündnis90/Grünen, der SPD und der LINKEN. Mirko Schultze sprach sich entschieden gegen die frühe Selektierung der Kinder an deutschen Schulen und für ein längeres gemeinsames Lernen und Lernmittelfreiheit aus. Volker Bandmann (CDU) sah hingegen beim sächsischen Schulsystem keinen Handlungsbedarf und Kristin Schütz sprach nur kurz das im FDP Parteiprogramm verankerte „frühkindliche Bildung beginnt am ersten Tag“ an, ohne diesen etwas irreführenden Satz näher zu erläutern.
Weniger Einigkeit herrschte zwischen LINKEN, Grünen und SPD Positionen beim Thema Braunkohle. Während Grüne und LINKE einen Ausstieg aus der Braunkohle befürworten, sah Stefan Holthaus (SPD) genau wie Volker Bandmann (CDU) und Kristin Schütz (FDP) entgegen des eigenen Parteiprogramms die Braunkohle als Energieträger der Zukunft. Mirko Schultze stellte die Schäden an Umwelt und Klima in den Vordergrund, und konnte belegen, dass innerhalb der nächsten Jahrzehnte erneuerbare Energien sehr wohl das Fundament einer ausreichenden Energieversorgung darstellen könnten. Er äußerte Verständnis dafür, dass viele Lausitzer, die jahrelang im Braunkohleabbau gearbeitet und damit für die Energie im Land gesorgt haben, bei diesem Thema emotional reagieren. Das Aufreißen der Landschaft sei jedoch weder im Hinblick auf den wachsenden Tourismussektor in der Region noch auf die Klimaerwärmung eine dauerhaft sinnvolle Lösung. Auch beim Thema Jobsicherung ist Braunkohle keine Antwort. Der Konzern Vattenfall, der sich für den Abbau verantwortlich zeigt, kann bestenfalls einige Arbeitsplätze halten, wird jedoch auch mittelfristig keine neuen Stellen in die Region bringen. Wie jedes Unternehmen ist Vattenfall in erster Linie auf Gewinn und in keiner Hinsicht auf Vollbeschäftigung aus. Genau wie Astrid Günther-Schmidt (Bündnis90/Grüne) erkennt die LINKE die Endlichkeit der Ressource „Braunkohle“ und setzt auf neue Technologien und erneuerbare Energie, die auf die Dauer weit mehr Arbeitsplätze in der Region Oberlausitz sichern wird.
Beim Thema Mindestlohn entzündeten sich erwartungsgemäß die Gemüter der Anwesenden. Dieses Feld ist hier in der Region, die sogar bundesweit mit den geringen Löhnen der arbeitenden Bevölkerung wirbt, ein Reizthema. Ein hoher Prozentsatz der Arbeitnehmer in der Lausitz muss trotz Vollzeitarbeit mit Hartz IV „aufstocken“. Für Familien besonders schwer, da der Hartz IV Satz kaum das Überleben sichert, wie die 3000 Kunden der „Tafel“ in Görlitz beweisen, und eine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben unmöglich macht. Mirko Schultze (DIE LINKE) stellte die Vorteile eines Mindestlohns deutlich heraus: nicht nur weil mit einem Mindestlohn Leistung sich wieder lohnt, wie es ja auch die FDP auf ihren Plakaten fordert, und arbeitenden Menschen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben wieder erlaubt, sondern auch weil ein Mindestlohn die Kaufkraft in der Region erheblich steigert und damit letztendlich Arbeitsplätze schafft. Für den Übergang schlägt die LINKE eine Förderung kleiner Unternehmen vor, die die vermehrten Ausgaben abfängt. Diese würde einen Bruchteil der Aufwendungen kosten, die die dauerhaften Hartz IV Aufstockungen bedeuten. Volker Bandmann (CDU) und Kristin Schütz (FDP) konnten ihre ablehnende Haltung einem Mindestlohn gegenüber nicht rechtfertigen. Für sie stellt die Aufstockung auf den Hartz IV Satz einen Mindestlohn dar. Warum dieser ausgerechnet vom Steuerzahler, und damit letztendlich von den Beschäftigten selbst, übernommen werden soll, konnten sie nicht begründen, ebensowenig wie die Frage, warum ein Unternehmen, dass Arbeitnehmer in dem Wissen, sie nicht ausreichend bezahlen zu können einstellt, überhaupt eine Marktberechtigung hat