DIE LINKE. Görlitz

ES IST DER TAG DER BEFREIUNG -Rede auf der Gedenkstunde in Görlitz

Befreiung DIE LINKELiebe Anwesende, Liebe Freunde, Liebe Genossinnen und Genossen

Der 71. Jahrestag der Befreiung, des Sieges über das Nationalsozialistische Deutschland und seine Verbündeten in Europa ist der Grund, warum wir uns hier versammelt haben. 71 Jahre nach dem Sieg der Alliierten über die Nationalsozialisten und Faschisten in Europa stehen wir hier, um den Millionen Soldaten, Partisanen und Widerstandskämpferinnen und Kämpfern zu gedenken, die mit ihrem Leben, ihrer Gesundheit und ihrem Mut diesen Sieg möglich machten.
Für uns steht nicht in Frage, dieser Tag ist ein Tag der Befreiung – ja was denn sonst – denken wir an die Millionen in den Zuchthäusern und Konzentrationslagern, für die dieser Tag zu spät kam, denken wir an die Millionen Toten auf den Schlachtfeldern, durch Säuberungskommandos Ermordete oder bei Racheakten ums Leben gekommenen, dann kann es nur heißen

ES IST DER TAG DER BEFREIUNG

Nun ist es aber so, dass wir heute nicht nur, wie in den letzten Jahren warnen müssen und einen Apell senden, die Lehren aus dem 2. Weltkrieg, der Verfolgung der Juden, Sinti Roma und politisch Andersdenkender nicht zu vergessen, wir können nicht nur an den Schwur von Buchenwald erinnern und sagen, nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus! Im Jahr 2016 ist die Welt nach rechts gerückt. Nationalisten in Ungarn, Polen, Slowakei, in Österreich und Frankreich sind längst salonfähig und in Deutschland schickt sich die AfD an, das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Wer den Schwur von Buchenwald ernst nimmt, muss jetzt zum Widerstandskämpfer werden, nicht erst, wenn sie die Macht haben, den Widerstand zu unterdrücken.
Da werden plötzlich Menschen zu Horden, Wellen, Tsunamis oder Invasoren nur, weil sie uns um Hilfe bitten.
In Europa schließen sich wieder Grenzen, glauben wir Angstmachern und Hasspredigern unsere Kultur sei gefährdet. Viele auch aus den Reihen so scheinbar aufgeklärter, aus den Reihen von LINKEN und Menschen die Humanität, Solidarität oder Nächstenliebe oft in ihrem Wortschatz führten und führen, vergessen nun, dass es eben nicht nur Worte sind, sondern eine Lebenseinstellung.
Plötzlich wird es wieder schick zu warnen, wir suchen nach Lösungen, die zwar richtig sind, uns aber nicht direkt betreffen, wir wollen die Ursachen bekämpfen, die aktuelle Not blenden wir aus.
Was das alles mit dem 8.Mai zu tun hat? Sehr viel. Wie viele Leben wären gerettet worden, hätte man nach 1933 nicht die Grenzen geschlossen oder nur „nützliche“ Flüchtlinge aufgenommen. Wie würde Afrikas Norden heute wohl aussehen, wenn Hitler nie die Chance gehabt hätte, seine Wüstenfüchse zum Einsatz zu bringen. Vielleicht gäbe es eine Lösung mit Israel und Palästina, die nicht mit Waffen und Steinen, Bomben und Panzern einherging. Wie hätten sich die Völker Europas entscheiden, wenn sie ihre Zugehörigkeit zu einem System hätten frei wählen können und der Prager Frühling nicht im Kalten Krieg gestorben wäre. Die Welt von heute, ihre Kriege, ihre Flüchtlinge, ihr durch unsere Subventionen aufgebürdeten Hungerkatastrophen, die Zerstörung der Umwelt und die daraus resultierenden Notwendigkeiten, gewohnten Lebensraum zu verlassen, all dies hat auch seine Ursache in einem Krieg, in einer Ideologie, deren Staatsform heute vor 71. Jahren besiegt worden ist. Die Ideologie in den Köpfen, der Wunsch nach dem starken Staat, die Ausgrenzung vermeintlich anderer, die Stigmatisierung ganzer Menschengruppen, das ist nicht besiegt worden, wie wir heute sehen.
Es wird in unserer Hand liegen, ob wir eine Gesellschaft erkämpfen, die offen und tolerant ist, eine Gesellschaft, die sich den Werten von Humanität, Solidarität und Nächstenliebe verpflichtet fühlt, und diese auch lebt, unabhängig davon, wer sie einfordert.

Der größte Dank an unsere Befreier wäre es, nie wieder Zustände zuzulassen an deren Ende es wieder Befreier bedarf. Die Schafe, die den Wolf wählen, um den Hütehund zu ärgern, besiegeln damit ihr eigenes Schicksal. Am Ende werden wir uns auch fragen lassen müssen, warum wir etwas nicht getan haben, warum wir weggesehen haben, nicht nur warum wir etwas getan haben.
Wer den Schwur von Buchenwald ernst nimmt, wer nie wieder Millionen Tote Befreierinnen und Befreier verantworten will, der muss jetzt handeln, bevor es wieder zu spät ist, noch haben wir eine Chance für eine Welt der Menschlichkeit zu kämpfen, für ein Europa der Menschen und nicht der Nationen, für eine Welt, in der Flucht keine Rolle mehr spielt und Grenzen überwundene Linien auf alten Landkarten sind. Kleiner geht es nicht an diesem         8. Mai 2016, 71 Jahre nach der Befreiung Europas.

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Meine Rede im Kreistag zum Haushaltsstrukturkonzept und Nachtragshaushalt

HaushaltsstrukturkonzeptSehr geehrter Herr Landrat,
Sehr geehrter Kolleginnen und Kollegen,

da gab es wohl nach der letzten Kreistagssitzung die Hoffnung, es käme noch einmal grundsätzlich zu einer Debatte über den Haushalt bzw. das Haushaltsstrukturkonzept. Offen gestanden, ich habe das nicht geglaubt, aber ich bewundere durchaus die Kolleginnen und Kollegen, die immer wieder an die Kooperation, das Entgegenkommen oder die Einsicht der Landkreisverwaltung glauben und so [sie nicht mit Mandat der Staatspartei ausgestattet sind] glauben, der Landrat würde auch nur eine Sekunde daran denken, ihnen Recht zu geben. Ein Entgegenkommen auf Vorschläge werden wir nur sehen, wenn die Position innerhalb des Machtapparates in Sachsen geschwächt werden, wenn also die Staatsregierung sich nicht darauf verlassen kann, dass an der Basis schon alles mit Brot und Spielen ruhig gehalten wird, wenn die Fehlentscheidungen bei der Finanzausstattung sichtbar werden und sie auf die handelnde Partei zurückfällt, wenn also die CDU im Kreis genauso verantwortlich gemacht wird, wie die CDU im Land.

Viele tun hier ja gern mal so, als ob es sich um zwei unabhängige Parteien handeln würde. Das ist es nicht!

Seit dem letzten Kreistag hat es weder eine inhaltliche Debatte gegeben, noch hat die Verwaltung einen neuen Vorschlag vorgelegt bzw. die Änderungsanträge ernsthaft geprüft. Man hat einfach alles gelassen, wie es ist und darauf vertraut, man hat ja die Mehrheit in den Ausschüssen. Beteiligung des Kreistages sieht anders aus. Und so ist es dann ja auch gekommen, bis auf den Antrag zur Unterstützung von Kommunen bei der Katzenkastration wurden alle Anträge abgelehnt oder so abgeschwächt, dass ihre Wirkung kaum direkte Auswirkungen haben wird. Beim Antrag der CDU, welcher uns heute ja als Ergänzungsantrag vorliegt, ist es sogar so, der Landrat hat gesagt was er glaubt, was in dem Antrag steht und was vielleicht sogar so gewollt war, nur der Text, der erfüllt diesen Anspruch in keiner Weise. Die Erfahrung im Hauptausschuss war da anders.

Der „Konsolidierungsbedarf“ in den kommenden 4 Jahren wird mit durchschnittlich 6.5 Mill. € angegeben. Das sind fast 2,6% des Haushaltsvolumens und 6.7% der Sozilausgaben. Mehr als 47% des Kreishaushaltes (3/4 der Sozilausgaben) werden aus der Kreisumlage finanziert. Gut 37% des Haushalts werden mit Zuweisungen finanziert. Will man also das Eine nicht, die Erhöhung der Kreisumlage, die faktische Abwälzung des Problems der Mehrbelastung auf die Kommunen. Will man also nicht, dass dort, wo die Menschen leben, wo ihre Vereine sind, wo sie Kultur genießen, Sport treiben oder auf den Bus angewiesen sind, weiter gekürzt wird, muss man an die Zuweisungen, muss man die Mittel vom Freistaat erhöhen.
Und glauben Sie mir, die Mittel sind da, alleine aus den nicht geplanten Mehreinnahmen 2014/15, welche nicht in das Finanzausgleichsgesetz fließen und damit letztlich den Kommunen anteilig helfen würden, könnte man die meisten der akuten Probleme lösen.

Ich weiß, es gibt hier Vertreter eines Dritten Weges, der weiteren Kürzung bei den Ausgaben.
Dies tun wir im Übrigen schon so lange, wie wir Kreishaushalte aufstellen und immer heißt es, wir haben alles rausgeholt. Mehr kürzen geht nicht! Wie das geht, wird wohl für immer ein Rätsel sein aber es soll ja auch Waschmittel geben, das wäscht weißer als weiß. Ein Beispiel, welches das Problem deutlich macht, will ich aber aufzeigen. Die Schülerinnenbeförderung: Die Erhöhung der Elternbeiträge zur Schülerbeförderung soll mit 250.000 € einen eher hohen Beitrag unter den vorgeschlagenen Maßnahmen bringen. Das sind knapp 1 € je Einwohner und Jahr und dennoch erheblich weniger als die Planungsunsicherheiten, die dieser Haushalt ohne dem neuen Trick Strukturmittel schon enthält.

Wir belasten also die Eltern, deren Kindern bereits weite Wege fahren müssen. Die Familien auf die wir – manche nennen es ja demografischer Wandel – angewiesen sind, wenn in Zukunft Fachkräfte, ja eigentlich ganz simpel Menschen, hier noch wohnen sollen. Wir belasten diesen Teil unserer Gesellschaft und wissen, ihr Anteil wird durch nicht zu erzielende Sparvorschläge im Haushaltsloch verpuffen. Das ist, lassen Sie es mich deutlich sagen, das ganze Gegenteil von nachhaltiger, lösungsorientierter Kreispolitik.

Nun könnte man ja auf die Idee kommen, da hat der Landrat doch alles richtig gemacht. Er hat eine Summe X, genau 1,5 Mio, deren Berechnung wohl eher an Würfelspiele statt an seriöse Kämmerei erinnern dürfte, eingestellt und sagt: „Das ist unsere Forderung ans Land“. Klingt gut, wäre es auch, wenn es eine Zusage gäbe, wenn ein Bescheid vorläge, ja selbst wenn so etwas Ähnliches wie ein Umdenken in Dresden überhaupt spürbar wäre und die CDU Staatsregierung glaubhaft signalisieren würde, sie sei dazu bereit bzw. sie wäre bereit über eine Verschiebung im Finanzausgleichsgesetz nachzudenken.

Dies ist aber alles nicht der Fall und darum wird folgendes passieren:
In Dresden und bei der Staatspartei klingen heute die Sektgläser – die Offenlegung der politischen Fehlentscheidungen zu Ungunsten der Kommunen noch einmal abgewendet, der Landkreis Görlitz hat ein HSK und einen Nachtragshaushalt. Keinen öffentlichen Aufschrei, keine schlechte Presse, es ist wieder Ruhe im Laden.
In einigen Wochen werden wir dann aber feststellen, oh das Geld aus Dresden kommt nicht oder deutlich weniger, die meisten Maßnahmen greifen nicht, weil man halt [z.B. den Zuschuss zu einer Musikschule nicht auf Null setzen kann]. Einige Maßnahmen werden selbstverständlich funktionieren, die Erhöhung der Elternbeiträge zum Beispiel. Und dann (?) müssen neue Maßnahmen her, die Kreisumlage doch über 35% (?), weil wir doch einsehen müssen, andere Sparziele haben wir leider nicht erreicht, was will man machen. Maßnahmen die jetzt nur als Vorschläge vorlagen und nicht ernst gemeint sein sollten,
* der Ausstieg aus der GHT,
* die Schließung der Erholungsbäder,
* die Reduzierung auf einen Behördenstandort.
Wir werden es sehen, aber immer wird es heißen:
Sie, liebe Kreisräte, haben doch die Konsolidierung beschlossen und es war doch immer klar, wenn die eine Maßnahme nicht greift, muss sie durch andere ersetzt werden.
Deswegen kann es heute nur ein konsequentes NEIN zu HSK und Nachtragshaushalt geben. Auch wenn es dann schwer wird und es werden schwere Zeiten kommen.
Es wird am Ende der richtige Weg sein. Nur wenn es uns nicht gelingt, den Druck so zu erhöhen, dass in Dresden nachhaltig umgedacht und neu gehandelt werden muss. Wenn wir jetzt klein beigeben, wie vor einigen Jahren schon einmal, dann wird sich die Situation ganz sicher nicht nachhaltig verbessern und die Zukunft in einer lebens- und liebenswerten Oberlausitz ein Traum bleiben, der an Staatspartei, Finanzminister und Landesdirektion zerschellt ist.

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Pressemitteilung: Die Linksfraktion im Kreistag wird dem Haushaltsstrukturkonzept (HSK) und dem Nachtragshaushalt nicht zustimmen

Wer glaubt der Kreistagsbeschluss zum Haushaltsstrukturkonzept und zum Nachtragshaushalt würden die finanziellen Probleme des Landkreises lösen, der glaubt auch, der Klapperstorch brächte die Kinder.
Am 2. März 2016 entscheidet der Kreistag Görlitz über das von der Verwaltung vorgelegte Haushaltsstrukturkonzept für die Jahre 2016-2019 und den Nachtragshaushalt 2016.

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Schultze / Brünler: Bombardier-Fehlentscheidung trifft die Region hart / OB und der Wirtschaftsminister müssen handeln

108/2016: Stellenabbau bei Bombardier kommt

Schultze / Brünler: Bombardier-Fehlentscheidung trifft die Region hart / OB und der Wirtschaftsminister müssen handeln

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Brief an die Genossinnen und Genossen

Liebe Genossen und Genossinnen,
kaum ein anderes Thema bestimmt die aktuelle Debatte mehr, als die sogenannte „Flüchtlingskrise“. Immer wieder hören wir von einer „Einwanderungsflut“, von der Überforderung des Staates und andauernd von zunehmender Kriminalität. Die Sorgen wachsen: „Wir schaffen das.“ Wirklich?

Als Linke verstehen wir uns besonders als Interessenvertreter der Schwachen – unabhängig von ihrer sozialen oder ethnischen Herkunft, Kultur, Religion oder sexuellen Orientierung. Das ist nicht immer einfach. Klar ist: Es wird sich Einiges ändern, ob wir das wahr haben wollen oder nicht. Menschen fliehen nicht ohne Grund und lassen sich in ihrer Not auch nicht durch das Mittelmeer und durch Zäune aufhalten. Und Not entsteht aus Krieg, aber eben auch aus Armut und Perspektivlosigkeit. Wer kann sich angesichts der Tatsache, dass wir trotz allem in einem der reichsten Länder der Erde leben, ohne Scham zum Richter über Fluchtgründe aufspielen?

Über Bedenken aber kann und sollte man sprechen. Wir nehmen die Sorgen von Menschen ernst. Uns ist klar, dass Veränderungen, unbekannte Religionen und ferne Lebensweisen nicht nur eitel Freude auslösen. Gerade in der Oberlausitz musste man schon ein gerütteltes Maß an Zuversicht aufbringen, um aus der wirtschaftlichen Entwicklung der Region mit höchster Arbeitslosigkeit, Abwanderung, fortwirkender Kürzungspolitik einen Aufwärtstrend herauslesen zu können. Ärztemangel, die Schule, der Dorfladen, der Jugendklub oder die Verkehrsanbindung – all das sind Herausforderungen, denen wir uns stellen mussten und müssen. Nun kommt eine weitere hinzu: die Verantwortung für Menschen, die unsere Hilfe suchen.

Oft genug diskutieren wir über Fluchtursachen der Gegenwart. Wir wissen, dass es Länder, Interessengruppen, religiöse und weltliche Organisationen und ganze Bündnisse sind, die Konflikte schüren, weil sie glauben, einen Vorteil daraus zu ziehen. Wir wissen auch, dass ein entschlossenes, selbstbewussteres NEIN zum Krieg wünschenswert wäre. Nur ändert das nichts an der Situation der Menschen, die heute auf der Flucht sind.
Unser Landkreis leidet seit der politischen Wende 1989 unter Abwanderung – mit den bekannten Folgen für die technische, soziale und kulturelle Infrastruktur. Ernsthaft wurden auf politischer Ebene bereits Szenarien von der „Absiedelung“ ganzer Dörfer diskutiert, um die drohenden Kosten für das Vorhalten staatlicher Strukturen in sich entleerenden Räumen langfristig zu begrenzen. Wirtschaftsinstitute offerierten der Oberlausitz zweifelhafte Perspektiven als Vorzugstandort beispielsweise für Müllanlagen. Fast verzweifelt stemmte sich die Oberlausitz mit Visionen von der Entwicklung einer reichhaltigen Natur- und Kulturregion im Herzen Europas gegen ihre Randlage. Doch die Strategie der konservativen Staatsregierung setzte unbeirrt auf eine Stärkung von Metropolen, in der Annahme, dass vom reich gedeckten Tisch solcher Wachstumskerne immer einige Brosamen für ländliche Gebiete abfallen.
Dies ist nun erstmalig anders. Die Situation in Europa zwingt auch die sächsische Staatsregierung zum Umdenken und Umsteuern. Am deutlichsten wird das gerade angesichts des Rückzugs des Energiekonzerns Vattenfall und dem damit unausweichlich geworden wirtschaftlichen Strukturwandel im Norden unseres Landkreises, den die LINKE seit Jahren anmahnt. So manche innovative Idee hat jetzt wieder eine Chance. Und mit den Flüchtlingen kommen gerade viele junge Menschen mit sehr viel Hoffnung auf ein besseres Leben. Wenn wir es verstehen, einigen von ihnen hier in unserem Landkreis eine echte berufliche und familiäre Perspektive zu eröffnen, dann wäre das ein Entwicklungsimpuls, wie ihn keine aufwendige Rückkehr- oder Werbekampage der letzten Jahre bisher eröffnen konnte. So könnte mancher Bus in Zukunft wieder fahren, weil wieder genügend Menschen ihn nutzen, und so einige Schulstandorte könnten wieder wichtig werden, weil mehr Schüler da sind.

Es wird auf uns ankommen, diesen Prozess kreativ und mutig zu gestalten und sich dabei nicht von einem vermeintlich mehrheitlichen Volkswillen leiten zu lassen, der Belastungen, Ängste und Vorkommnisse geradezu hysterisch überbetont und vielfach logischen, auch belegbaren Gegenargumenten kaum noch zugänglich erscheint. Natürlich sind viele Flüchtende nicht gut ausgebildet. Hätten wir in Deutschland genügend eigenen Nachwuchs, entstünden für deren Ausbildung ähnliche gesellschaftliche Kosten. Natürlich gibt es auch unter MigrantInnen Gesetzesbrecher. Allerdings, wie die Polizei nicht müde wird zu betonen, prozentual weit unterdurchschnittlich gemessen an den erfassten Gesamtstraftaten. Daran ändert auch die Silvesternacht in Köln nichts, auch wenn diese Form der organisierten Kriminalität besonders abscheulich ist und zu recht zu harten juristischen Konsequenzen führen muss. Letzteres ist aber keine Frage der Nationalität oder des Glaubens, wie uns zahlreiche deutsche Täter täglich beweisen, sondern gehört mit den Mittel von Polizei und Justiz verfolgt unabhängig von Herkunft, Status oder Religion.
Und auch wenn es so schön einfach klingt: Begrenzung des Zuzugs, Obergrenzen, stärkere Grenzsicherung: Wollen wir ernsthaft heute, 25 Jahre nach dem Fall der Mauer, 20 Jahre nach Schengen ein Grenzsicherungssystem in Deutschland installieren, dass europäische Wirtschaftsentwicklung ausbremst, Arbeitnehmerfreizügigkeit eingrenzt, kulturellen Austausch erschwert, Verantwortung einseitig den europäischen Außenstaaten zuschiebt und zudem horrende Kosten produziert? Schließlich muss, wer Zäune baut, bereit sein, diese zu verteidigen. Wie sich das Frau Petry von der AfD vorstellt, hat sie ja öffentlich verkündet. Einem solchen moralisch abwegigen Diskurs muss die LINKE konsequent entgegentreten!

Wir als Abgeordnete des Sächsischen Landtages, als Kreistagsfraktionsvorsitzende und Kreisvorsitzender wissen, dass nicht alle unter unseren Genossen regelmäßig die Möglichkeit haben, ihre Sorgen, ihre Ängste, ihre Ideen oder auch ihre Vorschläge auszudiskutieren und zu prüfen. Dennoch sind die meisten von Euch im täglichen Gespräch mit den Nachbarn, mit Freunden, den Kollegen oder in der Familie gefordert, unsere Position einer humanen, einer internationalistischen, solidarischen Asylpolitik zu verteidigen. Gerade, wenn das Klima rauer wird, ist es wichtig, dass die LINKE sehr klar gegen das Anwachsen von Rassismus, Faschismus, Antisemitismus ankämpft. Das ist unsere Lehre und Verantwortung aus der eigenen deutschen Geschichte, das ist das Vermächtnis der Antifaschistinnen und Antifaschisten: Nie wieder Faschismus, Nie wieder Krieg! Diese Forderung ist heute noch so aktuell wie 1945 vor den Toren von Buchenwald. Und leider erhebt sie in Deutschland so deutlich nur noch die LINKE!
Wir möchten mit Euch ins Gespräch kommen, helfen Antworten zu finden und von euren Erfahrungen lernen und bieten Euch an, vor Ort zu kommen und mit Euch, Eurer Basisorganisation oder Eurem Ortsverband intensiv zu diskutieren. Wenn ihr auf unseren Vorschlag eingehen möchtet und uns einladet, meldet euch bitte in einem der beiden Büros. Unsere Mitarbeiterinnen werden sich bemühen, die Termine zu koordinieren.

In Erwartung einer spannenden Diskussion und zahlreicher Einladungen verbleiben wir mit sozialistischen Grüßen

Kathrin Kagelmann
Mirko Schultze

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Namensstreit Berzdorfer See oder Görlitzer See – Linksfraktion fordert Planungszelle und offene Diskussion

Berzdorfer See bei Görlitz

Berzdorfer See bei Görlitz

Streit um Seenamen kann jetzt nur noch von den Menschen selbst entschieden werden

Zur Diskussion um die Benennung des Berzdorfer See mit dem Namen Görlitzer See und dem seit Wochen laufenden Diskussionen erklärt die Stadtratsfraktion DIE LINKE folgendes:

Die große Koalition im Stadtrat hat ohne Not eine Entfremdung von Ortschaftsräten, Einwohnern und interessierten Investoren am Berzdorfer See provoziert. Die Vorbereitung der Antragstellung im Stadtrat zeugten von der Weltfremdheit der Koalitionäre. Noch im Verwaltungsausschuss erklärten die Vertreter der Koalition auf Nachfrage, die Benennung „Görlitzer See“ sei mit den Bürgermeistern der Gemeinden besprochen und auch die Ortschaftsräte seien eingebunden. Dass unsere Nachfrage, berechtigt war zeigte sich in der Reaktion auf den Antrag im Stadtrat. Die Koalitionsvertreter hatten offenbar miteinander reden und übereinander reden verwechselt.

Der bisherige Tiefpunkt der Debatte wurde mit den Äußerungen des BfG Fraktionsvorsitzenden auf dem Neujahrsempfang erreicht. Dieser stellte klar, für die Koalition zählten nur die Meinungen von Investoren nicht die der Bürger. Diese dürften zwar ihre Meinung sagen, gehört wird sie aber nicht, zumindest nicht ernsthaft. Für die Fraktion DIE LINKE ist damit eine rote Linie überschritten. Görlitz hat sich Bürgerinnen und Bürgerbeteiligung auf die Fahnen geschrieben und dies muss somit auch handlungsleitend bleiben. Wenn man sich gewiss ist die besseren Argumente zu haben dann muss man um Mehrheiten kämpfen. Eine Politik nach dem Motto: Bürgerbeteiligung ja, aber sie müssen schon meiner Meinung sein darf es nicht geben.

MdL Mirko Schultze dazu: Es gibt gute Argumente für eine „Umbenennung“ und es gibt gute Argumente den Namen beizubehalten. Diese müssen jetzt auf den Tisch und diskutiert werden. Ich kann nur an den Oberbürgermeister appellieren, moderierend einzugreifen und ein Verfahren zu finden, welches nicht Besiegte und Sieger hinterlässt und so eine regionale Zusammenarbeit am See auf Jahre unmöglich macht. Mein Vorschlag ist die Bildung einer Planungszelle unter Moderation der Hochschule. Im Ergebnis dieses Beteiligungsprozesses sollte dann ein gemeinsamer Antrag aller Anrainer gegenüber dem Freistaat stehen.

Thorsten Ahrens, Fraktionsvorsitzender ergänzt dazu: Ich bin entsetzt darüber, wie sich das seinerzeit als Bürgerverein gestartete Bündnis in ihrer Koalition mit der CDU von den aktiven Menschen abwendet und damit auch den Grundgedanken ihres eigenen Vereins mit Füßen tritt. Darüber hinaus ist es für mich schwer verständlich, wie sich Grüne und die Piratin künftig in dieser Fraktion aufgehoben fühlen wollen, ohne ihre Reputation vollständig zu verlieren.

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Rede zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus

2016_01_27 Banner
Bild Website 2(In der Rede weise ich auf den in Berlin angeblich gestorbenen Syrier hin. Zum Zeitpunkt der Rede und in Kenntnis der Zustände in Berlin gab es keinen Grund an der Meldung zu zweifeln. Ich bin dennoch froh das es sich als eine Falschmeldung erwiesen hat. An der grundsätzlichen Kritik ändert sich dadurch nichts.)

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

Sehr geehrter Herr Baranowski,

Liebe Kameradinnen und Kameraden des VVN-BdA, Liebe Bürgerinnen und Bürger,

Vor 71 Jahren befreiten Angehörige der Roten Armee das Lager Auschwitz Birkenau. Sie fanden in dem Lager nur noch wenige Inhaftierte vor. Die meisten waren kurz vor dem Eintreffen der Roten Armee noch auf Todesmärsche geschickt worden, die deutschen Täter wollten alle Spuren vernichten. Sie zündeten Baracken an, sprengten die Krematorien und schickten 10Tausende auf die Todesmärsche. Sie wussten welche unmenschliche, unglaubliche Schuld sie auf sich geladen haben, jeder einzelne von ihnen egal ob Kommandeur, Lagerarzt oder Wachmannschaft alle wussten das war industrieller Massenmord an Juden, Sinti und Roma, an Homosexuellen und politisch Andersdenkenden.
Der 27 Januar ist zurecht der Gedenktag an welchem wir den Opfern gedenken wollen und mahnen das dies nie wieder und nirgends auf der Welt passieren darf!
In diesem Jahr ist mir diese Rede zu schreiben besonders schwergefallen. Auch in den vergangenen Jahren war es immer eine emotionale Herausforderung die richtigen Worte zu finden (selbst dabei), nicht von den eigenen Gefühlen überrannt zu werden und trotzdem in aller Deutlichkeit zu sagen: Das was in Auschwitz geschah, was in den deutschen Vernichtungslagern geschehen ist, ist durch nichts in der Geschichte zu rechtfertigen und es wird auch durch nichts was an anderen Orten der Welt von anderen Völkern, von anderen Politikern getan wurde gerechtfertigt oder relativiert. Die Zhao ist einmalig und es ist unser Verantwortung als Generationen danach die Erinnerung wach zu halten, das mahnen nicht zu vergessen und den Kampf um eine bessere Welt zu führen!
An dieser Stelle und gerade in der heutigen Zeit, wo doch wieder Menschen angegriffen werden, weil sie Ausländer sind, wo Heime brennen und die grusligsten Geschichten im Netzt tausendfach geteilt für Wahrheit gehalten werden, da lohnt es sich auch mal zu hören was die wenigen Zeitzeugen noch sagen:
Ester Bejarano am 15 Dezember 1924 geboren in Auschwitz inhaftiert und Mitglied des Mädchenorchesters von Auschwitz sagte aus Anlass einer Demonstration: „Es ist Zeit für einen Aufschrei von uns allen, einen unüberhörbaren lauten Aufschrei, der bis in den letzten Winkel unseres Landes und der ganzen Welt widerhallt. Der Satz > Wehret den Anfängen! < ist längst überholt! Wir sind mittendrin!“
Mir ist ein kalter Schauer über den Rücken gelaufen, nicht, weil mich das „wir sind mitten drin“ erschrocken hätte, dazu muss man nur den Fernseher anschalten und die Augen öffnen. Sehen wie ganze Gruppen von Menschen pauschal kriminalisiert werden und die Taten einiger weniger zu natürlichen Veranlagungen oder religiösen Notwendigkeiten aufgebauscht werden. Vor Auschwitz kam die systematische Verfolgung der Juden, man machte sie im Mittelalter für die Pest verantwortlich, man unterstellte ihnen sie planen eine Weltverschwörung man stellte sie unter einen generell – dem Juden zwangläufig angeborenen – Status des Bösen und es funktionierte die meisten Nichtjuden sahen zu als die Synagogen brannten und die Transporte rollten, es waren doch Juden.
Viele Jahre habe ich mich gefragt wie das funktioniert, wie ein ganzes Volk plötzlich so voll Hass sein kann das Familienväter wahllos auf Menschen einprügeln, sie in Lager stecken oder erschießen. Das Mütter ihren Kindern verbieten mit den Juden zu reden bei denen sie doch vor kurzen noch einkauften oder ihre Kinder ohne Zweifel spielen ließen. Die letzten Monate haben mir gezeigt wie schnell das geht. Wie schnelle eine Stimmung kippt, wenn man sie nur ausreichend anfeuert. Die Terroristen, die kriminellen Ausländer, die Wirtschaftsflüchtlinge. Ich will nicht das meine Frau Kopftuch tragen muss, in wenigen Jahren werden keine Kreuze, sondern der Halbmond auf unseren Kirchen prangen. Wir müssen die Abendländische Kultur verteidigen, der Kampf um unsere Zukunft und wie wir leben wollen hatte begonnen, wir können nicht unendlich viele Menschen aufnehmen – wie weit sind wir noch vor der Stimmung welchen einen 9. November möglich machte und letztlich nach Auschwitz Birkenau führte.
Sollten wir uns das nicht fragen, wenn wir heute allzu schnell alle in einen Topf werfen nur, weil sie oder ihre Eltern nicht hier geboren sind.
Wie viele Menschen sind der Hölle von Auschwitz entkommen, weil andere Ländern ihnen Asyl gewehrten und wie viele sind es nicht, weil ihnen Asyl verweigert wurde. Wenn die USA nach heutiger Gesetzeslage in Deutschland entschieden hätte dann wäre vermutlich Albert Einstein nach Deutschland zurückgeschickt worden. Das heutige (das frühere) Asylrecht der Bundesrepublik, bevor man Es nach Hoyerswerda, Mölln und Solingen den damaligen Forderungen vermeidlicher Mehrheiten anpasste, ist entstanden, weil die Entscheidungen vieler Länder Juden und andere Verfolgte nicht aufzunehmen ihnen die kleine Chance zu überleben restlos nahm. Der Spiegel schrieb kürzlich:
Anne Frank könnte quicklebendig in Boston, New York oder Miami wohnen. 85 Jahre wäre sie jetzt alt, vielleicht schon Urgroßmutter. Das einst schulterlange schwarze Haar – heute grau oder weiß. Wäre aus ihr eine gefeierte Schriftstellerin oder Journalistin geworden? Bestimmt wäre die junge Anne zu jener emanzipierten Frau gereift, die sie sich in ihrem Tagebuch erträumte. Und den dort allem Grauen zum Trotz aufblitzenden Humor, den hätte sie sich bewahrt. Doch Anne Frank wurde nur 15 Jahre alt. Sie starb Anfang 1945 im KZ Bergen-Belsen an Typhus. Ihr Tod wäre vermeidbar gewesen: Intensiv und monatelang hatte sich ihr Vater Otto Frank um Visa für die USA bemüht.
Ich möchte nicht das in 70 Jahren wieder ein Journalist schreiben muss, er/sie hätte nicht sterben müssen. Heute sind es nicht Menschen welche aus Deutschland fliehen, heute fliehen die Menschen zu uns, das sollte uns stolz machen, unsere Herzen öffnen. Wir sind nicht mehr das Land wegen dem man flieht wird sind 71 nach Auschwitz das Land in das man flieht. Was für ein historischer Wandel, was für ein Vertrauensbeweis.
Heute Nacht ist in Berlin ein 24-jähriger Syrier verstorben und zwar vor dem LAGESO der zentralen Aufnahmebehörde, er hat tagelang angestanden um Papiere zu bekommen, bekam Fieber, Schüttelfrost und heute Nacht versagte sein Herz mitten in Deutschland, vor einer Behörde für Flüchtende.
Heute vor einem Jahr am 17. Januar 2015 befreiten die Frauen und Männer der kurdischen YPJ/YPG Kobané. Die Stadt wurde ein Jahr zuvor durch den IS besetzt. Der IS hat 80% der Stadt zerstört und 300 000 Menschen zur Flucht gezwungen.
Der 27. Januar ist der Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, der Gedenktag zu Befreiung von Auschwitz muss uns auch Anlass sein dem heutigen Rassismus, dem Antisemitismus entschlossen entgegen zu treten. Denn nur so können wir der größten Aufgaben, die wie je hatten, gerecht werden. Der Aufgabe eine bessere Welt zu schaffen in der niemand mehr Vernichtungslager wie Auschwitz Birkenau an einem 27. Januar befreien muss.
Ich danke ihnen für die Aufmerksamkeit.

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Gedanken im Rückblick auf das Jahr 2015

Wer hätte vermutet, dass wir 2015 im Rückblick nicht schwerpunktmäßig über unseren Umgang mit der AfD oder die Auswertung der Landratswahl schreiben würden. Wohl niemand von uns. Nach dem Einzug der AfD nicht nur in die kommunalen Parlamente war auch wichtig, unsere Position zu bestimmen und dies taten wir kontrovers. Die einen waren der Meinung, wir sollten mit der AfD umgehen, wie mit der NPD, sie in den Parlamenten ignorieren und auf der Straße bekämpfen, oder sollen wir sie einbinden und so den Mantel der Protestpartei herunterreißen. Heute ist klar, die AfD ist eine rassistische Partei und das benennen wir auch klar. Am Anfang des Jahres stand aber auch die Entscheidung, ob wir uns geschlagen geben und so, wie die anderen Parteien, der CDU kampflos das Landratsamt überlassen, oder ob wir wenigstens den Wählerinnen und Wählern, welche nicht CDU wollen, die Chance zum Wählen geben. Wir haben uns entscheiden; wir wollten kämpfen und haben die CDU herausgefordert. Niemand konnte wirklich annehmen, wir würden die Mehrheit erzielen, wir wollten einen Achtungserfolg und den haben wir erzielt. Wir konnten unsere Alternativen offen darstellen und hatte Zugänge, welche uns sonst leider verschlossen bleiben. An Infoständen, bei Diskussionsrunden und in Veröffentlichungen ist klar geworden, wir haben Ideen, den Landkreis zu gestalten und wir wollen ihn nicht nur verwalten.

Die Situation der anderen Parteien konnte uns im Jahr 2015 nicht kalt lassen. Die fehlende Kraft, eine Kandidatin oder einen Kandidaten zur Landratswahl aufzustellen, fehlt eben auch, wenn es um politische Aktionen im Landkreis geht. Wir können von Glück reden, dass weder Aufmärsche von Rassisten, noch ihnen oft folgende besorgte Bürger in Größenordnungen unseren Landkreis erschütterten. Uns würden oft die Partner fehlen, um einen wirkungsvollen Protest zu organisieren. Dies wird uns aber nicht davon abhalten, es trotzdem zu versuchen. Wir werden den Nazis und Rassisten nicht die Straße überlassen. Die fehlende Kraft zeigt sich aber auch im Kreistag, wo es nicht mehr möglich ist, Mehrheiten gegen den konservativen Block zu organisieren. Dies war auch schon früher schwierig, aber die Kapitulation der nicht Staatsparteien, von Freien Wählern über Grüne bis SPD, stellen für eine gestaltende Kommunalpolitik und damit letztlich für die Demokratie eine Gefahr dar, die heute von uns meist noch unterschätzt wird. Die Abwendung von Wahlen und politischen Entscheidungsprozessen sind da nur der Anfang, Politikverdros-senheit führt letztlich zur Infragestellung von demokratischen Prozessen selbst und zum Ruf nach dem starken Mann, der wieder Ordnung schafft.

Wie schnell Solidarität, Humanismus oder Nächstenliebe nicht mehr Leitlinie des Handels sind, haben wir bei dem wohl unbestrittenen Hauptthema des Jahres gesehen. Solange die Flüchtlinge vor den Grenzen Europas dahinvegetierten, anders kann man das nicht nennen, war es den meisten egal. Als die Flüchtlinge aber aus Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung und purer Angst ums eigene Leben sich entschieden, den Weg ins sichere Europa anzutreten und die Grenzen niederrissen, da brach bei so manchem hier Panik aus. Als LINKE haben wir unsere Verantwortung wahrgenommen, für uns war Solidarität nicht nur ein Wort. Wir organisierten uns in Willkommensbünd-nissen, wir stellten Anträge im Kreistag für dezentrale Unterbringung und Gesundheitskarten, wir organisierten eine Willkommenstour, um uns ein Bild vor Ort zu machen. Wir sammelten auch Kleidung und Geld und brachten beides vor Ort auf den Balkan. Wir nehmen aber auch Ängste wahr, die nicht auf rassistischen Weltbildern beruhen, sondern in Unkenntnis oder eigener Zukunftsangst begründet sind. Viele haben in den letzten 20 Jahren sich ein wenig private Sicherheit geschaffen und haben nun Angst, diese könnte in Gefahr sein. Wir nehmen dies ernst, und zusammen mit der Fraktion arbeiten wir an einem kreislichen Integrationskonzept.

Nutzen wir die Chance neuer Einwohner in unserem Landkreis, damit der Bus wieder fährt, weil wieder genug Menschen im Ort wohnen, damit der Laden wieder öffnet, weil genug Käuferinnen da sind, damit Jugendeinrichtungen und Spielplätze gebraucht werden, weil wieder jungen Menschen da sind. Das wird die Herausforderung der Integration sein.
Wir sollten Schrumpfung unserer Region hinnehmen, die CDU wollte sie verwalten, die neuen Einwohner im Landkreis – so es uns gelingt sie hier zu halten – geben uns die Möglichkeit, unseren Landkreis neu zu gestalten und zwar für alle, die schon immer hier waren und die, für die unsere Region die neue Heimat ist. Die LINKE wird sich dieser Herausforderung stellen, auch 2016.

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Anschreiben an den Oberbürgermeister und die Fraktionsvorsitzenden anlässlich der angekündigten DEMO von „Görlitz wehrt sich“ im November

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Sehr geehrte Kollegen Fraktionsvorsitzende,
Görlitz, den 15.10.2015

Am 14.11. hat das „Bündnis Görlitz, wehrt sich“ erneut eine Demonstration in Görlitz angemeldet. Ich hoffe, Sie sehen diese Entwicklung mit ebenso großer Sorge wie ich. Görlitz darf nicht zum Aufmarschraum für fremdenfeindliche Gruppierungen werden. Unstrittig ist aber auch, dass viele Menschen sich durch das scheinheilige Motto der Demonstrationen „Offensive für Frieden“ oder eine angeblicher Antwort auf persönlich empfundene Ängste, die eigene Ungewissheit vor der Zukunft oder fehlendem Vertrauen in die Demokratie von solchen Veranstaltungen angezogen fühlen. Verfolgt man die Eintragungen auf der zur Gruppe gehörenden Facebookseite oder analysiert die Reden, welche am 3. Oktober gehalten worden sind, wird allerdings schnell klar, die Anmelder verfolgen nicht ihr proklariertes Ziel, sie wollen eine ausländerfeindliche Stimmung verstärken, gegen Institutionen des Staates und ihre Vertreterinnen hetzen und zu einem nationalistisch, völkisch ausgerichteten Deutschland zurückkehren. Es geht bei diesen Demonstrationen also nicht um die Möglichkeit von besorgten Bürgerinnen und Bürgern der Politik einmal die Meinung zu sagen. Es geht darum, ob unsere demokratische, freie Gesellschaft in Zukunft weiter existieren soll oder ob wir zu einem nationalen Führerprinzip mit all seinen Folgen zurückkehren. Dies mag etwas übertrieben klingen, aber in der Geschichte hat sich oft gezeigt, wenn Minderheiten die Ängste in der Mitte der Gesellschaft aufnehmen, Vorurteile stärken und einfache Antworten geben, dann gelingt es ihnen auch ohne tatsächliche aktive Mehrheiten gesellschaftliche Veränderungen auszulösen.
Wir stehen vor großen Herausforderungen und es wäre gelogen, wenn ich behaupten würde, in unserer Gesellschaft wäre alles so wie ich es mir vorstelle. Soziale Ungerechtigkeiten, falsch verteilter Reichtum, eine auf immer steigenden Ressourcenverbrauch angelegte Wirtschaftspolitik und, um die Kette der Beispiele zu beenden, eine nicht auf Nachhaltigkeit abzielende Energiepolitik. Dies sind alles Dinge, bei welchen wir auch unserer politischen Überzeugungen wegen nicht immer einer Meinung sein werden. Hier geht es aber um mehr, es geht um den gesellschaftlichen Rahmen, in welchem wir die politischen Meinungsverschiedenheiten ausstreiten wollen und vor allem können.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Sehr geehrte Kollegen Fraktionsvorsitzende,

Ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen: Wenn die These stimmt, dass an der Demonstration auch viele Menschen teilnehmen, weil sie glauben, die Politik hört ihnen nicht mehr zu, dann sollten wir ihnen den Wind aus den Segeln nehmen und genau dieses Angebot schaffen. Ich möchte Sie bitten, über folgende Idee nachzudenken. Wir, das heißt der Oberbürgermeister der Stadt Görlitz und eine/ein Vertreter/in der Stadtratsfraktionen laden am 14.11. um 18 Uhr zu einer offenen Diskussionsrunde ein. So bieten wir denjenigen, welche tatsächlich Reden wollen die Möglichkeit, dies auch zu tun und entziehen denen, welche die Stimmung für ihre Zwecke missbrauchen das Publikum, auf welches sie angewiesen sind. Mir ist klar, diese Veranstaltung wird nicht Vergnügungssteuerpflichtig und wir werden nicht in erster Linie gelobt und ob unserer guten Arbeit beglückwünscht werden. Wir werden auch viele Dinge abfangen müssen, für welche wir als kommunale Verantwortungsträger nicht zuständig sind, aber wir haben die Pflicht, als gewählte Vertreterinnen und Vertreter auch unseren Kopf hinzuhalten wenn der Wind mal etwas rauer weht. Die Veranstaltung, zu welcher der Oberbürgermeister einladen sollte, sollte natürlich nicht in den Hinterzimmern des Rathauses sattfinden, sondern an prominenter Stelle in der Stadt. Ich könnte mir das Theater, das Humboldthaus oder die Aula einer innerstädtischen Schule sehr gut vorstellen.

Es geht mir darum, dass wir gemeinsam ein Zeichen setzen und deutlich machen, wir sind für die Anregungen der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt offen, wir sind eine Stadt in der Fremdenfeindlichkeit genauso wenig Platz hat, wie der Versuch, die erkämpften demokratischen Errungenschaften wieder abzuschaffen. In den letzten Wochen hat sich gezeigt, dort wo die Politik, die Verwaltung und die Zivilgesellschaft schnell und kreativ und deutlich auf aufkommende fremdenfeindliche und antidemokratische Demonstrationen und Veranstaltungen reagiert haben, dort konnten sie sich nicht etablieren. Da wo dies, aus welchen Gründen auch immer, verpasst worden ist oder unterlassen wurde, konnten diese Kräfte erstarken. Die Folgen dieser Entwicklung sind dann nicht nur ein deutlich verändertes Klima in der Stadtgesellschaft, welche letztlich das Lebensgefühl für alle, ob schon immer hier lebend oder neu hinzugekommen, zum negativen verändert hat, die Folge ist oft auch eine negative Wahrnehmung bei potenziellen Investorinnen oder Touristen und beides braucht unsere Stadt, um weiter überleben zu können.

Ich bitte Sie also die parteipolitischen Unterschiede oder persönliche Befindlichkeiten, so vorhanden, beiseite zu stellen und gemeinsam das Heft des Handels in die Hand zu nehmen. Ich bitte Sie, Herr Oberbürgermeister, die Koordination zu übernehmen und als erster Bürger der Stadt gemeinsam mit ihrem/unserem Stadtrat ein Zeichen zu setzen. Ich bitte Sie liebe Fraktionsvorsitzende um ihre Bereitschaft, sich in den sprichwörtlichen Wind zu stellen und um Unterstützung in ihren Fraktionen und den sie tragenden Parteien oder Vereinen zu werben.

Ich verbleibe in der Hoffnung, meine Anregung triff auf ihre Zustimmung.
Mit freundlichen Grüßen

Die Reaktion des Oberbürgermeisters erfolgte am 17.10.2015 in der Sächsischen Zeitung. Leider hat er nicht die Größe gehabt auf meine Mail zu antworten, mich anzurufen oder anzusprechen. Hier der Artikel aus der Sächsischen Zeitung:

Sächsische Zeitung, Ausgabe Görlitz 17.10.2015

Sächsische Zeitung, Ausgabe Görlitz 17.10.2015

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Soziokulturelles Zentrum Seifhennersdorf

Chance auf Soziokulturelles Zentrum muss erhalten werden, Bürgerinitiative muss Chance bekommen ihr Konzept umzusetzen.
Stadtplanung ist Veränderung unterworfen und was gestern noch logisch war, muss es heute nicht mehr sein. In Seifhennersdorf hat sich eine Bürgerinitiative gebildet, welche das alte Kino wieder beleben will und ein stadtbekanntes und bildprägendes Gebäude erhalten möchte. Dazu liegen auch ein Konzept und eine Nutzungsidee vor. Nun ist es am Stadtrat von Seifhennersdorf, seinen ursprünglichen Plan, das Gebäude abzureißen, zu stoppen und dem bürgerschaftlichen Engagement eine Chance zu geben.
Der Stadtrat vertut sich nichts, sollte das Projekt der Bürgerinitiative gelingen und in der Mitte von Seifhennersdorf an einem etablierten Kulturstandort ein neues Zentrum für Kultur, Soziales, für Ausstellungen und städtischen Leben entstehen. So, da sind sich wohl alle einig, wird Seifhennersdorf der Gewinner sein. Dieser Möglichkeit sollte sich auch ein Stadtrat nicht verschließen. Wenn sich die Umstände ändern, kann sich auch die Entscheidungsgrundlage ändern. Dies ist, nach meiner Überzeugung, hier der Fall.
Ich kann die Stadträte nur bitten: Haben sie den Mut und stoppen sie den Abriss!
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