Sachsens CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer lud per Karte an Haushalte in Görlitz zu einer Veranstaltung „Jacob Böhme – Leben und Wirken. Die Stadt Görlitz und ihr großer Philosoph“ ein – gemeinsam mit dem CDU-Kreisvorsitzenden und Landtagsabgeordneten Octavian Ursu und der Vorsitzenden des Tourismusvereins Görlitz e.V., Katrin Bartsch. Offizieller Absender der Einladungskarte ist „CDU. Die Sächsische Union – Kreisverband Görlitz“, die Rückmeldung per E-Mail wird an die Bundestags-Mailadresse von Kretschmer erbeten. Auf der Vorderseite prangt unter dem Veranstaltungsort Schlesisches Museum Görlitz auch „Staatliche Kunstsammlungen Dresden“ mit dem Logo dieses Hauses. Nun liegt die Antwort der Staatsregierung auf die entsprechende Kleine Anfrage (Parlaments-Drucksache 6/8295) des Görlitzer Landtagsabgeordneten der LINKEN, Mirko Schultze, vor, der dazu erklärt:

Die CDU schmückt sich mit fremden Federn und missbraucht den Namen einer staatlichen Institution für ihre parteipolitische Werbung. Dass für diesen neuen Fall „Staatspartei“ der CDU Sachsen ausgerechnet ihr Generalsekretär verantwortlich zeichnet, ist doppelt peinlich.

Entgegen dem von Herrn Kretschmer erweckten Eindruck waren die Staatlichen Kunstsammlungen, so die Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, Eva-Maria Stange, „keine Mitveranstalter“. Die Referentin der Staatlichen Kunstsammlungen, eine der zahlreichen Redner*innen des Abends, distanzierte sich ausdrücklich vom Versuch der Vereinnahmung für das Vorhaben von Herrn Kretschmer, die Görlitzer Dreifaltigkeitskirche auf Staatskosten sanieren zu lassen und dort die Jacob-Böhme-Dauerausstellung beherbergen zu lassen. Dazu wollte sie sich nicht positionieren.

Herr Kretschmer muss es mit sich selbst ausmachen, dass er mit Jacob Böhme einen Menschen, der zu seiner Zeit als Dissident auf Initiative der Kirche in Görlitz inhaftiert und mit Schreibverbot belegt wurde, ja dem sogar ein christliches Begräbnis verwehrt blieb, zur steuergeldfinanzierten Sanierung eines Gebäudes ebendieser Kirche in Görlitz „nutzt“. Das ist merkwürdig genug. Mit dem Versuch der Vereinnahmung der Staatlichen Kunstsammlungen für eine CDU-Werbeveranstaltung hat er jedoch Grenzen überschritten, die in der Demokratie auch für die Regierungspartei gelten. Herr Kretschmer und die CDU haben hier noch einen langen Lernprozess vor sich, der nur durch andere Wahlergebnisse beschleunigt werden könnte.

Die Kleine Anfrage kann eingesehen werden unter:

http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=8295&dok_art=Drs&leg_per=6&pos_dok=2&dok_id=undefined